1. Der Knabe mit dem Wunderhorn
Author(s): Emanuel von Geibel Ich bin ein lust'ger Geselle,
Wer könnt auf Erden fröhlicher sein!
Mein Rößlein so helle,
Das trägt mich mit Windesschnelle
In's blühende Leben hinein!
Es tönt an meinem Munde
Ein silbernes Horn von süßem Schall,
Es tönt wohl manche Stunde,
Von Fels und Wald in der Runde
Antwortet der Widerhall.
Und komm ich zu festlichen Tänzen,
Zu Scherz und Spiel im sonnigen Wald,
Wo schmachtende Augen mir glänzen
Und Blumen den Becher bekränzen,
Da schwing ich vom Roß mich alsbald.
Süß lockt die Gitarre zum Reigen,
Ich küsse die Mädchen, ich trinke den Wein;
Doch will hinter blühenden Zweigen
Die purpurne Sonne sich neigen,
Da muß geschieden sein.
Es zieht mich hinaus in die Ferne,
Ich gebe dem flüchtigen Rosse den Sporn,
Ade! Wohl blieb ich noch gerne,
Doch winken schon andre Sterne,
Und grüssend vertönet das Horn.
2. Der Page
Author(s): Emanuel von Geibel Da ich nun entsagen müssen
Allen, was mein Herz erbeten,
Laß mich diese Stelle küssen,
Die dein schöner Fuß betreten.
Darf ich auch als Ritter nimmer
Dir beglückt zur Seite schreiten,
Laß mich doch als Pagen immer
In die Messe dich begleiten.
Will ja treu sein und verschwiegen,
Tags dem kleinsten Winke lauschen,
Nachts auf deiner Schwelle liegen,
Mag auch Sturm und Hagel rauschen.
Will dir stets mit sitt'gem Grüßen
Morgens frische Rosen bringen,
Will des Abends, dir zu Füßen,
Lieder zur Giarre singen.
Will den weißen Renner zäumen,
Wenn's dich lüstet, frisch zu jagen,
Will dir in des Waldes Räumen
Dienend Speer und Falken ragen;
Will auf deinen Liebeswegen
Selbst den Fackelträger machen,
Und am Tor mit blankem Degen,
Wenn du andre küsset, wachen.
Und das alles ohne Klage,
Ohne Flehn, nicht laut noch leise,
Wenn mir nach vollbrachtem Tage
Nur ein Lächeln wird zum Preise,
Wenn gleich einem Segensterne,
Der mein ganzes Wesen lenket,
Nur dein Aug aus weiter Ferne
Einen einz'gen Strahl mir schenket.
3. Der Hidalgo
Author(s): Emanuel von Geibel Es ist so süß zu scherzen
Mit Liedern und mit Herzen
Und mit den ernsten Streit!
Erglänzt des Mondes Schimmer,
Da treibt's mich fort vom Zimmer,
Durch Platz und Gassen weit;
Da bin zur Lieb' ich immer
Wie zum Gefecht bereit.
Die Schönen von Sevilla
Mit Fächern und Mantilla
Blicken den Strom entlang;
Sie lauschen mit Gefallen,
Wenn meine Lieder schallen
Zum Mandolinenklang.
Und dunkle Rosen fallen
Mir vom Balkon zum Dank.
Ich trage, wenn ich singe,
Die Zither und die Klinge
Vom Toledan'schen Stahl.
Ich sing an manchem Gitter
Und höhne manchen Ritter
Mit keckem Lied zumal,
Den Damen gilt die Zither,
Die Klinge dem Rival.
Auf denn zum Abenteuer,
Schon losch der Sonne Feuer
Jenseits der Berge aus.
Der Mondnacht Dämmrungsstunden,
Sie bringen Liebeskunden,
Sie bringen blut'gen Strauß,
Und Blumen oder Wunden
Trag morgen ich nach Haus.
